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Vom Kleinwohnungsbau: Was man darf und was man nicht darf



Hiesige Architektur-Aficionados kennen mit Sicherheit die sogenannten Bernoulli-Häuser. Sie wurden in der zweiten Hälfte der 1920er-Jahre durch den Basler Architekten und Stadtplaner Hans Bernoulli in der Stadt Zürich geplant und erstellt. Der Protagonist war so umtriebig wie erfolgreich. Ohne Zweifel eine Koryphäe. Auch und vor allem sein nicht-architekturisches Schaffen fällt auf. So befasste er sich intensiv mit fundamentalen ökonomischen Fragestellungen. Seine Folgerungen bzw. Forderungen waren weitreichend, aber nicht konsenstauglich.


Im Zuge einer eigenen Recherche bin ich auf einen seiner Beiträge in der Zeitschrift «Das Werk» gestossen. Verfasst hat ihn Hans Bernoulli im Jahre 1924, also vor knapp einem Jahrhundert. Wer sich für kostenkünstiges Bauen, Baunormen, Nachhaltigkeit und ESG interessiert findet in diesem Text vielleicht Inspiration, Bestätigung, ein Déjâ-vu oder auch Stoff zum Nachdenken. Eine kleine Kostprobe aus seinem Artikel gefällig:


«Einen Spass habe ich immerhin bei der Geschichte. Wenn ich Besuch von meinen Freunden (...) aus dem Auslande erhalte, (...), und ich den Leuten an Hand der Bauten meine Diffikultäten auseinandersetzte von wegen der Strasssenbreiten, der Unterkellerung, der Schneefänge – die Leute wollen sich ausschütten vor Lachen. (...).»

Hier der Link zum Artikel:



Die Moral der Geschichte

Bernoullis Erfahrungsbericht ist ein mustergültiges und zeitloses Beispiel dafür, dass uns extensive Normierungen – auch, aber nicht nur Bau- und Immobilienwesen – in grundlegenden gesellschaftlichen Fragestellungen nicht wirklich auf einen grünen Zweig bringen. Natürlich kann das Setzen von (gesetzlichen) Grenzen Innovationen triggern. Daran habe ich keinen Zweifel. Begrenzungen können befruchtend wirken. Dies ganz nach dem Devise «Aus einer Not eine Tugend machen». Aber mindestens so wichtig ist das Freihalten von Raum für Experimente und die Umsetzung von kreativen Lösungen, die genau nicht normenkonform sind. Hier kann wirklich Neues geschaffen werden. Und nur in diesem Fall können und sollen die Akteure für ihr Tun und Handeln Eigenverantwortung übernehmen. Das alleinige Abstellen und Referenzieren auf Standards führt stattdessen oftmals in eine (strategische) Sackgasse. Raum für Kreativität und Nonkonformismus sind Trümpfe, die stechen.


Unabhängig davon werde ich das reiche Vermächtnis von Hans Bernoulli zu gegebener Zeit einer einlässlichen Sichtung unterziehen. Es dürfte sich lohnen.


Quellen:


Bildquelle:

Baugeschichtliches Archiv /ETH Zürich: ETH BAZ_086127, Jahr 1926


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