Mit dem Vorkaufsrecht für Gemeinden auf dem finanzpolitischen Holzweg
- Dr. Dr. Üsé Kuba Hausmann

- 28. Mai
- 3 Min. Lesezeit
An Vorschlägen und Rezepten, um der mutmasslichen misslichen Lage auf den Wohnungsmärkten und in den -beständen entgegenzuwirken, mangelt es nicht. Sie alle sind weder neu noch originell. Man dreht sich im Kreis. Auf einlässliche Analysen wird tunlichst verzichtet. Gegenwärtig steht die Implementierung von Vorkaufsrechten durch Gemeinden hoch im Kurs. Über eine entsprechende Volksinitiative wird im Kanton Zürich bald abgestimmt. Die Ansichten über dieses Instrument als solches sind naturgemäss geteilt. Angeführt werden rechtliche, ideologische oder gesellschaftspolitische Argumente. Sie mögen mehr oder weniger stichhaltig sein.
Doch der springende Punkt ist ökonomischer Natur und heisst Finanzierung. Die öffentliche Hand, sei es der Bund, seien es die Kantone oder Gemeinden, steht finanziell notorisch unter Druck. Es herrscht ein Verteilungskampf, der mit harten Bandagen geführt wird.
Gehen wir vom Szenario aus, dass die Zürcher Gemeinden dereinst solche Vorkaufsrechte ausüben dürfen. Sie erhalten eine unbegrenzte Anzahl von Call-Optionen, d. h. einem Recht, aber keine Pflicht, Bauland oder bestehende Gebäude mit Wohnungen kaufen zu können. Dabei haben die Behörden keinen Einfluss darauf, wo und wann und in welchem Umfang, sich solche Opportunitäten wie oft eröffnen werden. Sie sind exogen und daher per Definition nicht planbar. Doch innerhalb kurzer Zeit muss die Finanzierung für solche Grundstücke verlässlich in trockene Tücher gebracht werden. Dazugehörige prozessuale Herausforderungen sollen nachfolgend ausgeblendet werden. Sie sind für die Argumentation nicht entscheidend.
Fass ohne Boden
Aufschlussreich ist dazu ein Blick in die Gemeindefinanzen der Zürcher Gemeinden: Bereits ein Kauf einer Liegenschaft mit einem Marktpreis von 5 Millionen (sagen wir ein Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen) würde die jährlichen kommunalen Gesamtaufwände bereits spürbar belasten. Während in den Grossstädten Zürich und Winterthur dieser Betrag tatsächlich marginal wäre – konkret 0,05% bzw. 0,27% vom kommunalen Jahresaufwand – würde die Marke von mindestens 10% in 115 von Total 162 Gemeinden überschritten werden. In 20 Gemeinden würde ein solcher Kaufbetrag den gesamten Jahresaufwand übersteigen. Unter dem Strich gibt es nur drei finanztechnische Ventile, um die Finanzierung zu stemmen: a) Verzicht und Leistungsabbau in den angestammten Aufgaben der Gemeinde, b) Zunahme der Verschuldung oder c) Steuererhöhungen. Natürlich kann man einwenden, dass viele Zürcher Gemeinden das Instrument des Vorkaufsrechts gar nicht nutzen werden. Das stimmt. Es bliebe dort ein toter Buchstabe. Umgekehrt wären solche Käufe in bevölkerungsreichen Gemeinden wie Zürich, Winterthur, Uster, Dübendorf, Dietikon oder Wetzikon blosse Tropfen auf den heissen Stein. Um eine kritische Masse an Wohnungen kaufen zu können, wäre der kommunale Finanzbedarf riesig. Auch in diesen Gemeinden bestehen knallharte Finanzrestriktionen.
Doch der skizzierte Engpass bei der originären Finanzierung ist nicht die einzige ökonomische Schwachstelle beim Instrument des Vorkaufsrechtes. Mindestens so schwer wiegt die Ausklammerung aus dem Wertschöpfungskreislauf. Einerseits geht Steuersubstrat verloren. Es werden weder Einkommens- oder Gewinnsteuern noch Vermögenssteuern entrichtet. Auch unter dem Titel der Grundstückgewinnsteuer wird dereinst Flaute herrschen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Immobilien eine potente Einnahmequelle der öffentlichen Hand sind. Andererseits geht landläufig vergessen, dass gebaute Immobilien laufende Kosten verursachen. Sie müssen unterhalten werden. Früher oder später kommen Instandsetzungen hinzu. Auch unter diesem Titel würden die knappen Finanzmittel der Kommunen zusätzlich strapaziert werden. Unter dem Strich ergibt sich somit ein desolates Kosten-Nutzen-Verhältnis für alle ausgeübten Vorkaufsrechte. Beide Bezugsgrössen, sowohl die Effizienz als auch die Effektivität, sind als unterirdisch zu taxieren. Schliesslich käme eine schleichende Verstaatlichung von Wohnraum einen ökonomischen Schildbürgerstreich gleich. Glücklicherweise wird es nie dazu kommen. Spätestens wenn es im Gebälk der Finanzmärkte rumort, werden solche politischen Irrungen und Wirrungen auf Grund laufen.
Die Moral von der Geschichte
Mieterhaushalte und letztlich die Gemeinschaft sollten allen Investorinnen und Investoren dankbar sein. Dankbar dafür, dass sie auf privatwirtschaftlicher Basis Wohnraum planen und bauen lassen und ihn bewirtschaften. Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Einerseits schaffen sie finanzpolitischen Spielraum für die öffentliche Hand und andererseits generieren sie Wertschöpfung à la Steuereinnahmen. So können sich Gemeinden auf ihre Kernaufgaben fokussieren. Die Schweizer Volkswirtschaft sollte sich glücklich schätzen, dass private wie institutionelle Investorinnen und Investoren ihre Gelder seit vielen Jahrzehnten massgeblich im hiesigen Gebäudepark investieren.
Quellen:
Foto:
dr. dr. üsé kuba hausmann




