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Lob den Geschäftsberichten: für Aficionados von Daten


Alte Daten können sexy sein. Es ist wie bei vielem eine Frage der Perspektive. Als bekennender Empiriker mag ich Zeitreihen ganz besonders. Umso länger desto besser. Seit über 20 Jahre habe ich mitunter ein Auge auf die Liegenschaft an der Bahnhofstrasse 71. Sie ist einer meiner verlässlichen Messsonden, wenn es um die immobilienökonomische Befindlichkeit der an der Zürcher Bahnhofstrasse gelegenen Grundstücke geht.


Gegenwart im Spiegel der jüngeren Vergangenheit

Spätestens seit dem Winter 2020 ist eine klare Sicht auf die Marktbefindlichkeit von Geschäftsliegenschaften – gemeint sind Gebäude mit Büro- und/oder Verkaufsflächen – vernebelt. Eine verlässliche und robuste Orientierung fehlt bei den meisten einschlägigen Akteuren. Umso wertvoller sind konsistente Marktsignale, auch wenn sie «nur» indirekt von Immobilienbewertern stammen (*): An der Zürcher Bahnhofstrasse scheint trotz oder gerade wegen Corona-Pandemie Stabilität Trumpf zu sein: Erstens brachen die Mieterträge nicht auf breiter Front ein (was zu erwarten war). Zweitens nahm die Zahlungsbereitschaft von potenziellen Käufern von Liegenschaften nicht noch weiter zu. Sprich die Diskontierungssätze (real oder nominal) verharrten in den vergangenen 12 Monaten auf tiefen Niveau.


Unter dem Strich scheint sich somit die bis 2016 besonders anheizte «Asset-Inflation» spür- und messbar beruhigt zu haben, zumindest in diesem Segment und an diesem Standort. Die Liegenschaften an der Bahnhofstrasse haben durch den exogenen Schock der Pandemie für deren Eigentümer das gebracht, was von ihnen erwartet wurde bzw. zugeschrieben wird: Stabilität querbett, aber (auch) nicht mehr. Weder die Liegenschaften als solche noch deren Eigentümer können daher ernsthaft als «Krisenprofiteure» taxiert werden.


Auch bei Archiven hält das Paradigma der Digitalisierung Einzug

Und die Moral von der Geschichte? Zwar sind Geschäftsberichte zumindest auf den ersten Blick schon veraltet, wenn diese publiziert werden. Das liegt in der Natur der Sache. Sie sollen ja nicht unterhalten, sondern dokumentieren. Auch ist die faktische Erstellung von Geschäftsberichten fast immer mit beträchtlichem Aufwand verbunden. Aber gleichwohl können sie auch prospektiv gesehen – quasi als digitales «Altpapier» durchaus noch nutzenstiftend sein. Schnee von gestern kann recycliert werden.


Entsprechend aufbereitete Zeitreihen und solches Datenmaterial aus Geschäftsberichten können uns als Orientierungshilfe dienen. Insbesondere, aber nicht nur in Zeiten von Corona. Mit deren Beizug lässt sich beispielsweise die sogenannte Normalität, die vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie herrschte, anhand von ausgewählten Indikatoren auf Stufe Portfolio oder Einzelliegenschaft eichen.


Rund zwei Jahrzehnte «töggelte» ich die gesuchten Daten ab bzw. liess diese abtippen. Wenig erbauliche, aber kostenintensive Handarbeit. Seit das Unternehmen Alphaprop (alphaprop.ch) existiert, kann ich frappant mehr Zeit der eigentlichen Analyse und Interpretation der Daten widmen (**). Hierin liegen die Wertschöpfung wie auch auch ein potenzieller Erkenntnisgewinn. So geht Digitalisierung.


Literatur- und Quellenangaben:

alphaprop.ch

Assetimmo, Anlagestiftung, Geschäftsberichte, diverse Jahrgänge

Hausmann, Urs: Liegenschaften wertgeschätzt, Zürich Hochparterre 2019.


(*) Dies obwohl zahlreiche bewertenden Instanzen im Frühling 2020 damit begonnen haben, explizit und erstmals systematisch auf die erhöhte Unsicherheit mit Bezug auf das Bewertungsergebnis hinzuweisen. Immerhin, man streikte nicht.

(**) Offenlegung: Der Autor hat eine Organstellung bei der Alphaprop AG.


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