top of page

Büromieten in der Stadt Zürich im Langzeitvergleich von 1993 bis 2023



Diesmal geht es nicht um Eier und deren Preisentwicklung. Aktuell beschäftige ich mich im Rahmen eines Buchprojekts mit Büroflächen. Es gibt etliches zu erkunden. Natürlich interessieren mich dabei auch die dazugehörigen Mietzinsen und deren Verläufe in der Zeit. Ein Fokus liegt hierbei bei den Angebotsmieten für Büroflächen, die in der Stadt Zürich angeboten wurden bzw. werden. Hinweis: Mit vertretbarem Aufwand lassen sich solche Analysen in der Schweiz nur für die fünf Grossstädte Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich durchführen. Andernorts besteht gar kein Datenmaterial oder deren Beschaffung würde jeden vernünftigen Rahmen sprengen. Eine Analyse Zürcher Angebotsmieten pro Quadratmeter (m2) und Jahr – verstanden als Rohbaumieten in Franken pro m2 und Jahr exklusive Nebenkosten – über die letzten 30 Jahre fördert Spannendes zu Tage:

 

1.)   Die nominalen absoluten Mietzinsen pro Quadratmeter und Jahr bewegen sich aktuell im Mittel nur marginal – wenn überhaupt – über dem Mietpreisniveau, das Mitte 1993, also vor 30 Jahren, gemessen wurde. Dies gilt gleichermassen sowohl für die Stadt Zürich als auch für das gesamte Gebiet des Kantons Zürich. Die damaligen und die heutigen Mietpreise bewegen sich somit auf Augenhöhe. Die Angebotsmieten von Büroräumlichkeiten nahmen in diesem Zeitraum nachweislich einen deutlich anderen Verlauf als diejenigen von Mietwohnungen.

 

2.)   Die realen Mietzinsen im Angebot haben innerhalb der letzten drei Dekaden hüben wie drüben mindestens 15% an Wert verloren. Sie sind demnach vergleichsweise billiger geworden! Das Preisgefüge hat sich entsprechend verändert. Nominal wie real hat die Bedeutung von Mietkosten innerhalb der Erfolgsrechnung eines Unternehmens über die letzten Jahrzehnte an relativer Bedeutung verloren. Nach wie vor handelt es sich aber um Fixkosten. Stichworte dazu: Mobilisierung von Sparmöglichkeiten oder auch Liquiditätsmanagement.

 

3.)   Die aktuellen Angebotsmieten für Büroräume in der Stadt Zürich bewegen sich substanziell unter den Höchstwerten der Preisniveaus, die unmittelbar vor bzw. beim Ausbruch der Immobiliencrash Ende der 1980-Jahren herrschten. Damals lag der nominale Mittelwert bei über 400 Franken pro m2 und Jahr (im Jahr 1991). Aktuell liegt dieser städtische Mittelwert in der Grössenordnung von rund 350 Franken pro m2 und Jahr.


«Wurden 1991 an der Zürcher Bahnhofstrasse für Büroräumlichkeiten (rund 400 m2 Mietfläche auf einem Geschoss) noch Spitzenmieten von über 1'600 Franken pro m2 und Jahr erzielt, dürften solche Höchstwerte gegenwärtig die Marke von 1'000 Franken kaum nennenswert überschreiten.»

Die Einschätzung dieser Mietpreisniveaus und -entwicklungen scheint unter dem Stricht recht robust zu sein, zumal alternative Quellen wie etwa die Marktdaten von JLL, von CSL Immobilien oder die Erhebungen der Stadt Zürich selbst ähnliche Werte und Entwicklungen beinhalten.

 

4.)   Aus Vermietersicht gilt die Indexierung der Abschlussmiete an den Landesindex der Konsumentenpreise und ein Neuverhandeln des indexierten Mietzinses am Ende der Vertragslaufzeit als Königsweg. Zwischen 1993 und 2023 wäre es aber mehrheitlich monetär vorteilhafter gewesen, man hätte echte Optionen akzeptiert, sofern man auch eine Indexierung des Mietzinses in den Verträgen stipuliert hätte. Oder im Umkehrschluss wäre man aus Sicht der Mieterschaft fast immer besser gefahren, man hätte den eigenen Mietvertrag am Ende der jeweils fünfjährigen Laufzeit zu den Konditionen der dannzumaligen, herrschenden Marktbedingungen verlängert! Intuitiv hätten wohl nicht wenige Entscheidungsträger seitens der Mieterschaft die Variante mit echten Optionen favorisiert. Damit kommt in der Tendenz auch eine auf Sicherheit und Stabilität bedachte Denk- und Handlungsweise zum Vorschein. Man agiert risikoavers.

 

5.)   Nicht zu überraschen vermag hingegen die empirische Evidenz der letzten rund 30 Jahre darüber, dass die Angebotsmieten in der Stadt Zürich im Zeitverlauf stärker schwanken (volatiler sind) als dies der kantonale Vergleichsindex tut. Grund: Je grösser das räumliche Aggregat (Gebiet) gewählt ist, umso weniger stark fallen die Schwankungen aus.


Das Mengengerüst auf dem Prüfstand

 

Die in diesem Blog aufgeführten Punkte mit Blick auf Mietzinsen für Büroflächen sind auch im Lichte des Strukturwandels bemerkenswert. Weshalb? Denn die Anzahl der in der Stadt Zürich im 3. Sektor beschäftigten Personen hat sich von 290'000 (1991) auf 494'000 (2023) frappant erhöht. Gleichzeitig sank die Zahl der Beschäftigten im 2. Sektor von gut 66'000 (1991) auf rund 28'000 (2023) Personen.

 

Trotz oder gerade wegen diesen unterschiedlichen Dynamiken konnte die Zusatznachfrage nach Büroflächen auf Stadtzürcher Gebiet ohne nennenswerten Preisdruck bemerkenswert gut befriedigt werden. Fakt ist, sich das der statistisch ausgewiesene Flächenbestand (Bruttogeschossflächen Büro und Praxen (BGF)) in den letzten gut 30 Jahren um rund 3 Mio. Quadratmeter erhöht hat. Der Löwenanteil davon geht auf das Konto von Neubauten. Dazu kommen bauliche Umnutzungen sowie betriebliche Umwidmungen.

 

An diesem Zahlengerüst ebenfalls interessant ist die Beobachtung, dass sich der Konsum an Bürofläche pro Kopf (BFG) in diesem Zeitraum auf dem Stadtgebiet insgesamt keine Änderung erfahren hat! Dividiert man alle Beschäftigten durch die ausgewiesenen Büroflächen erhielt man 1991 einen Wert von 20.7 m2 und 2020 gar einen solchen von 21.1 m2. Reaktionen auf Kostendruck sehen anders aus. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass wertschöpfungsschwächere Unternehmen und Branchen keine Schwierigkeiten hätten, für sie bezahlbare Büroräumlichkeiten in der Stadt Zürich zu finden bzw., dass sie räumlich nicht aus der Stadt verdrängt werden. Ebenfalls relativierend kommt dazu, dass kein statistisch belastbares Datenmaterial existiert, das nur den Nutzermarkt im engeren Sinn, d. h. ohne selbstgenutzten Büroflächen) abbilden würde.


PS: Wenn man hinter die Kulisse der Marktbeobachtung ausserhalb des Wohnsegments schaut, stellt man unschwer fest, dass sich diese trotz Digitalisierung, Big Data und Konsorten noch und bis auf Weiteres in den Kinderschuhen befindet. Insofern ist die Leserschaft generell gut beraten, entsprechende Analysen – also auch die vorliegende – mit gebührender Vorsicht zur Kenntnis zu nehmen.

 

WICHTIGER HINWEIS: Die Flächenangaben, die mit zusammen mit Mietzinsen ausgewiesen werden, verstehen sich durchwegs als Hauptnutzflächen. Hingegen handelt es sich Angaben im Bestand, bei Veränderungen des Bestandes sowie beim Konsum pro Kopf durchwegs um Bruttogeschossflächen.


Quellen:

Wüest & Partner bzw. Wüest Partner, div. Jahrgänge der Immo-Monitoring ab 1993.

bottom of page