top of page

Schweizer Geschäftsliegenschaften: ein ökonomisches Paradox?!

Seit Monaten stehe ich in einer Sache auf dem Schlauch. Es geht um Folgendes: Schweizer Geschäftsimmobilien (der Fokus liegt auf Büro- und Gewerbenutzungen) stehen gefühlt seit Jahren unter Druck. Eine Herausforderung jagt die andere: zu hohe Neubautätigkeit auf Halde; die nominelle Angebotsmieten tendieren seit rund 10 Jahren seitwärts oder sie sinken sogar; Corona-Pandemie führte zu Mietzinsausfällen; Home-office hat sich als neue Realität etabliert, Digitalisierung führt zu erhöhter Arbeits-und Flächenproduktivität, die Konjunktur schwächelt und eine Aufhellung ist nicht in Sicht, die internationalen Handels- und Zollregime sind erratischer Natur und der starke Schweizer Franken fordert die Export- und Tourismusindustrie heraus. Die Unsicherheiten sind massiv. Rosige Wirtschaftsperspektiven und attraktive Rahmenbedingungen für die Schweizer Volkswirtschaft sehen anders aus. Vor diesem Hintergrund verwundert mich die Preisentwicklung von Aktien von ausgewählten Schweizer Immobiliengesellschaften, die an Zürcher Börse kotiert sind. Dort lassen sich für die vergangenen rund 10 Jahre folgende faktenbasierte Entwicklungen beobachten:


  • Gesellschaften, die keinen oder nur einen marginalen Wohnanteil im eigenen Portfolio aufweisen, hatten eine deutliche bessere Kursentwicklung als jene Gesellschaften, die einen nennenswerten Anteil an Mietwohnungen im Portfolio hatten.


  • Gesellschaften, die vor allem bestehende Geschäftsliegenschaften in ihrem Portfolio haben und weniger, aber auch auf eigene Projektentwicklungen setzten, hatten eine vergleichsweise bessere Kursentwicklung als andere.


  • Gesellschaften, die schwergewichtig «klassische» Büro- und Gewerbeliegenschaften statt aufkommende Nischensegmente ins Visier genommen haben, verzeichneten ebenfalls eine bessere Kursentwicklung als andere.


Schon fast mirakulös wirkt die Tatsache, dass die Aktienkurse der beiden Gesellschaften PSP und Intershop seit über 10 Jahren systematisch über dem Leitindex SMI liegen (vgl. Grafiken). Beide Titel weisen gegenüber dem Benchmark ein positives Alpha aus. Kommt hinzu, dass die Volatilität der beiden Einzeltitel in Beobachtungszeitraum sicherlich nicht stärker als beim Gesamtindex ausfiel. Das Beta ist daher nicht übermässig hoch.


Wenn ich mir die in Anlegerinnen- und Anlegerkreisen oftmals verbreitete Skepsis gegenüber Schweizer Geschäftsgeschäftsliegenschaften vor Augen führe, stehe ich vor einem anlagetechnischen Rätsel. Weder sind die faktisch bewirtschafteten Geschäftsnutzungen dieser Gesellschaften besonders zukunftsträchtig, noch besitzen sie per se ein Fantasiepotenzial. Fast scheint dort die Devise zu gelten: Umso «altmodischer» die Nutzungen im eigenen Portfolio sind, desto mehr ökonomische Wertschätzung wird ihnen entgegengebracht bzw. generieren diese. Schliesslich darf die alte Weisheit, dass Anlagen in Immobilien als Sub- und Teilsystem des gesamten Wirtschaftskreislaufes gelten, nicht vergessen werden. Fallen die ökonomischen Zukunftsaussichten – Prognosen zur BIP-Entwicklung – generell und nachhaltig trüb aus, leiden früher oder später auch die Geschäftsliegenschaften in der jeweiligen Volkswirtschaft. Soweit die landläufige Lehrmeinung. Gleichwohl stehen die beiden Aktientitel von PSP und Intershop in einem «anspruchsvollen» Marktumfeld wie zwei Felsen in der Brandung. Die Dividendenzahlungen pro Aktie erhöhte sich bei PSP zwischen 2015 bis 2024 moderat, aber immerhin um gut 18 Prozent. Ich staune. Mit meinem Latein bin ich mit Blick auf die Kursentwicklung der Aktien am Ende. Offensichtlich wurde aber in den letzten 10 Jahren in beiden Gesellschaften sowohl auf strategischer als auch operativer Ebene vieles richtig gemacht.


Die Moral von der Geschichte


Eine Moral habe ich für einmal keine. Es bleibt stattdessen ein Rätsel, das im Raum steht. Die Lösung dazu interessiert mich. Vielleicht kann mir jemand auf die Sprünge helfen. Besten Dank im Voraus für allfällige Rückmeldungen. Auf jeden Fall zeigt sich aber einmal, dass Anlagen in Immobilien erstens noch nie Selbstläufer waren. Und zweitens können sich auch vermeintlich hässliche Entchen als Ertragsperlen entpuppen. Ich selbst hätte vor 10 Jahren nicht auf diese Aktientitel gesetzt. Und drittens sind stereotypische Einschätzung meistens wenig gehaltvoll.


ps: Wenn in der in diesen Tagen lancierten Volksinitiative «Mietzins-Initiative» gegen die Konzerne gewettert wird, liegen die Urheber auch mit der zitierten statistischen untermauerten Quelle falsch. Die sogenannten «Immobilienkonzerne» halten wie erwähnt einen äusserst bescheidenen Anteil am gesamten Mietwohnungsbestand der Schweiz. Die grösste Kohorte bilden nach wie vor natürliche Personen.


Quellen:

 
 
bottom of page